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D E R   B A R O C K T A N Z   •   T A N Z K L A S S E N   •   W O R K S H O P S   •   E V E N T S   •   C O M M U N I T Y




D E R   B A R O C K T A N Z

von Peter Hoffmann


Im faszinierenden Zeitalter des Barock, das von prachtvollen Höfen und üppigem künstlerischen Schaffen geprägt war, nahm der Tanz eine herausragende Stellung ein. Kein Geringerer als Ludwig XIV., der Sonnenkönig von Frankreich, stand im Mittelpunkt dieser tänzerischen Blütezeit. Mit seiner Leidenschaft für den Tanz und seinem außergewöhnlichen tänzerischen Talent wurde er zu einer wahren Ikone des Barocktanzes.
 
Die Ära des Barocktanzes erstreckte sich im Allgemeinen über die Zeit von Ludwig XIV., der von 1643 bis 1715 regierte. Dieser Zeitraum war geprägt von einer intensiven Entwicklung des Tanzes und einer immer weiteren Verfeinerung seiner Techniken und Stile. Ludwig XIV. selbst trat nicht nur als Tänzer in Erscheinung, sondern spielte auch eine entscheidende Rolle bei der Förderung und Entwicklung des Tanzes.
 
Ein bedeutender Meilenstein in der Geschichte des Barocktanzes war die Schaffung der ersten Tanzschrift durch Ludwigs Tanzmeister Pierre Beauchamp. Diese Tanzschrift, die später unter dem Namen "Feuillet" veröffentlicht wurde, markierte einen Wendepunkt in der Aufzeichnung und Überlieferung von Tanzchoreografien. In mehr als 400 Choreografien wurden darin die Bewegungen und Schritte des Barocktanzes festgehalten, sodass sie für die Nachwelt erhalten blieben.
 
Der Barocktanz war von einer hohen stilistischen Eleganz und einer präzisen Ausführung geprägt. Die Tänzer strebten nach einer perfekten Körperhaltung, graziler Bewegung und einer harmonischen Verschmelzung von Musik und Tanz. Dabei spielten die Tanzmeister eine entscheidende Rolle. Sie waren nicht nur Lehrer und Choreografen, sondern auch Berater und künstlerische Gestalter. Mit ihrer Expertise und ihrem tiefen Verständnis für die Tanzkunst verfeinerten sie die Techniken, entwickelten neue Schrittfolgen und kreierten immer anspruchsvollere Choreografien.
 
Der Barocktanz war eng mit dem höfischen Leben und der höfischen Etikette verbunden. Die Tänze wurden nicht nur zur Unterhaltung aufgeführt, sondern dienten auch dazu, den sozialen Status und die Hierarchie am Hofe zu symbolisieren. Die kunstvollen Choreografien und die ästhetische Ausführung des Tanzes waren ein Zeichen von königlicher Macht und Kultiviertheit.
 
Die Bedeutung des Barocktanzes reichte jedoch weit über die königlichen Höfe hinaus. Der Tanz wurde zu einem wichtigen Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens und fand auch außerhalb der höfischen Sphäre zahlreiche Anhänger. In den bürgerlichen Salons und bei festlichen Veranstaltungen wurden Tänze im barocken Stil aufgeführt, wobei sich die Tanzkultur in ganz Europa verbreitete.
 
Der Barocktanz hatte einen nachhaltigen Einfluss auf die weitere Entwicklung der Tanzkunst. Die grundlegenden Prinzipien der Körperbeherrschung, der eleganten Bewegung und der musikalischen Interpretation, die im Barocktanz entwickelt wurden, sind bis heute von großer Bedeutung für Tänzerinnen und Tänzer verschiedener Stilrichtungen.
 
Insgesamt war der Barocktanz eine Kunstform, die das prächtige Zeitalter des Barock in all seiner Schönheit und Eleganz widerspiegelte. Die Leidenschaft und Hingabe von Ludwig XIV. für den Tanz und die herausragenden Leistungen seiner Tanzmeister wie Pierre Beauchamp haben den Barocktanz zu einer wahrhaft königlichen Kunst gemacht, die bis heute bewundert und geschätzt wird.



Aber um den „Barocktanz”, seinen Stil, seine Entwicklung
und die Rolle der Tanzes und der Tanzmeister
im Barock zu verstehen, muss man etwas weiter ausholen.


Stil und Herkunft
Die französische Tanztradition des Barock, geprägt von ihrer Verbindung zur Musik und der raffinierten Bewegungsschulung, ist zweifellos eine bemerkenswerte Entwicklung in der Geschichte des Tanzes. Im Gegensatz zum italienischen Tanzstil der Renaissance, der einzelne Schritte hervorhob und in den Tanzbeschreibungen dokumentierte, eröffnete der französische Tanzstil eine neue Dimension der tänzerischen Ausdrucksweise.
 
Bereits in Arbeaus "Orchesographie" von 1588 finden wir Ansätze dieser Bewegungsschulung, in der verschiedene Mouvements und Pas simples zu komplexeren Pas composés zusammengefügt werden. Doch erst unter der Regentschaft Ludwigs XIII begann der barocke Tanzstil seine volle Pracht zu entfalten. Die Musik der renommierten "Vingt-quatre Violons du Roy" nahm nach 1620 einen neuen, äußerst barocken Charakter an und schuf damit den perfekten Klangteppich für die choreographischen Meisterwerke.
 
In jener Zeit waren Musik und Tanz untrennbar miteinander verbunden, und viele Tanzmeister waren zugleich bedeutende Musiker. Pierre Beauchamp, ein herausragender Tanzmeister seiner Zeit, entstammte einer renommierten Tanzmeister-Dynastie. Bereits sein Onkel gleichen Namens hatte als Tanzmeister am Hof Ludwigs XIII gewirkt und war Mitglied der erwähnten "Vingt-quatre Violons". Diese künstlerische Verbindung von Tanz und Musik wurde an Pierre Beauchamp weitergegeben, dessen Position auf seinen Vater Louis zurückging.
 
Jacques Cordier, genannt Bocan, ein angesehener Tanzmeister und Mitglied der "Vingt-quatre Violons", war ein weiterer herausragender Vertreter des französischen Tanzstils. Ihm werden Tänze wie die barocke Courante und das Menuett zugeschrieben. Durch seine Bekanntheit und Aktivität wurde der französische Tanzstil auch über die Grenzen Frankreichs hinaus bekannt. Er war der Tanzmeister von fünf Königinnen und verbreitete somit den französischen Stil auch am Hof von Charles I in England sowie in Deutschland.
 
Diese einflussreichen Tanzmeister trugen dazu bei, dass die ersten Veröffentlichungen von Barocktänzen, wenn auch noch nicht in Tanzschrift, in Deutschland durch Johann Georg Pasch im Jahr 1659 und in England durch Bray im Jahr 1699 erfolgten. Interessanterweise wurden diese Choreografien in England stets als französische Tänze bezeichnet, was darauf hindeutet, wie stark der französische Tanzstil die internationale Tanzszene geprägt hat.
 
Insgesamt lässt sich sagen, dass der französische Barocktanz eine einzigartige Bewegungsschulung darstellt, bei der Musik und Tanz in perfekter Harmonie verschmelzen. Die herausragenden Tanzmeister wie Pierre Beauchamp und Jacques Cordier haben mit ihrer künstlerischen Expertise und ihrem Einfluss maßgeblich zur Verbreitung des französischen Stils beigetragen und ihn zu einem wichtigen Bestandteil der europäischen Tanzkultur gemacht.



Ihre Werke leben bis heute in den Herzen und Bewegungen der Tänzer weiter, und ihr Vermächtnis prägt die Geschichte des Tanzes auf unvergessliche Weise.


Die verschiedenen Tanzformen im Barock
Die Tänze der Barockzeit entfalteten sich in einer Vielfalt von Ausdrucksformen, die in zwei Hauptkategorien mit einigen Untergruppen unterteilt werden können. In den prachtvollen Hallen des Adels wurden die Gesellschaftstänze zelebriert, während auf den Bühnen die Bühnentänze in ihrer ganzen Faszination und Präzision zur Schau gestellt wurden.
 
Zu den Gesellschaftstänzen zählten die eleganten "Danses de Bal", die edlen "Basse Danses" (niederen Tänze), die mit ihrem Charme und ihrer Anmut das Publikum verzauberten. Ebenfalls gehörten dazu die Country Dances, auch bekannt als Englische Tänze, die ihren Ursprung in den ländlichen Regionen fanden. Bei der Auflistung der höfischen Barocktänze wird oft der "Branle" übersehen, der als Eröffnungstanz bei Bällen vom Regenten- oder Gastgeberpaar angeführt wurde. Doch im Laufe des späten 18. Jahrhunderts trat die majestätische "Polonaise" an seine Stelle, um die Bälle mit königlicher Präsenz zu eröffnen.
 
Die Bühnentänze hingegen umfassten die beeindruckenden "Ballets" und "Entrées", sowie groteske Tänze, die das Publikum mit ihren spektakulären Darbietungen faszinierten. Von den "Danses de Bal" und "Ballets" haben wir viele Aufzeichnungen in der Beauchamp-Feuillet-Tanzschrift, die ab dem Jahr 1700 veröffentlicht wurde. Diese Tänze unterschieden sich stilistisch deutlich von den niederen Tänzen wie "Bourée", "Courante" und "Menuett", die von Mitgliedern des Hofes beherrscht und getanzt werden sollten.
 
Die charakteristischen Armbewegungen wurden ausschließlich von den Herren ausgeführt und sind heute als "Menuett-Arme" bekannt. Die Ballets hingegen wurden nur in entsprechenden Bühnenkostümen mit erhabenen Armbewegungen dargeboten. Es ist wichtig zu beachten, dass erst ab 1699 Damen auf den Bühnen zugelassen wurden, zuvor wurden alle weiblichen Rollen von Männern (in der sogenannten "travestie") besetzt.
 
Für die Entwicklung der Bühnentänze hatte es eine bedeutende Veränderung gegeben: Ab 1670 tanzte Ludwig XIV. und vermutlich auch andere Adlige selbst keine Ballets mehr. Bereits ein Jahr später wurde mit "Bourgeois Gentilhomme" die französische Oper mit Einlagen professioneller Tänzer ins Leben gerufen, und so entwickelte sich das heutige Ballett.
 
Nach 1730, mit dem Aufkommen immer größerer Opernhäuser, wurden die Entrées und Ballets mit ihrer ausgefeilten, aber fernwirkungslosen Schritttechnik von Ausdruckstanzformen verdrängt, die eine tiefere emotionale Wirkung auf das Publikum hatten. Jean-Georges Noverre gilt als der Begründer des Ausdruckstanzes, der sich von der reinen Form des Balletts abhob. Bedauerlicherweise war er kein Verfechter der schriftlichen Fixierung seiner Choreographien. Andere Tanzmeister wie Ferrer hingegen konzentrierten sich auf Formationen mit vielen Tänzern, um beeindruckende Choreographien mit großer Publikumswirkung zu schaffen.
 
Nach den großen Tanzsammlungen von 1704, 1709 und 1712 finden wir bis auf einige wenige Handschriften kaum noch Aufzeichnungen von Entrées oder Soli in den späteren Tanzveröffentlichungen. Die Zeiten hatten sich geändert, und die Tanzwelt der Barockzeit war im stetigen Wandel. Doch auch heute noch, wenn wir die Spuren dieser vergangenen Ära erkunden, können wir einen Hauch von Eleganz und Anmut erleben, die in den Tänzen jener Zeit zum Ausdruck kamen.


Die barocke Tanzschrift
Jahrhunderte lang bemühten sich Tanzmeister und Choreografen, die flüchtige Kunst des Tanzes in eine dauerhafte Form zu bringen. In den dunklen Weiten des 17. Jahrhunderts gab es mehrere Ansätze, Tänze in Zeichenform festzuhalten. Doch wie das Schicksal es wollte, sollte nur einer von ihnen den Test der Zeit überstehen und die Welt des Tanzes für immer verändern.
 
Einer dieser Vorreiter war der renommierte Tanzmeister Behr, dessen Arbeit zu einer ersten rudimentären Zeichentabelle führte. Behr war ein Mann von beispiellosem Ehrgeiz, der sich der Aufgabe verschrieben hatte, den Tanz in einer Form darzustellen, die über die Vergänglichkeit des Augenblicks hinausging. Seine Versuche waren bemerkenswert, doch es war ein anderer Weg, der schließlich zum Erfolg führen sollte.
 
In der Blütezeit des 17. Jahrhunderts tanzten die Genies der Zeit – Favier, Lorin und Rameau – auf den Bühnen der Welt und schufen Choreografien von atemberaubender Schönheit. Sie alle versuchten, ihre Werke in eine schriftliche Form zu bringen, die die Essenz ihres künstlerischen Schaffens bewahren konnte. Es entstanden Handschriften mit akribischen Zeichnungen und Beschreibungen, die den Tanz in all seiner Pracht zum Ausdruck brachten.
 
Doch der wahre Wendepunkt in der Geschichte der Tanzschrift kam mit der Einführung der Feuilletschrift. Eine neue Ära begann, als diese elegante Schriftart die Tanzwelt eroberte und sich als die bevorzugte Methode zum Festhalten von Choreografien etablierte. Die Feuilletschrift eröffnete den Tanzmeistern und Choreografen eine neue Welt der Möglichkeiten. Mit geschwungenen Linien und kunstvollen Symbolen konnte sie die Bewegungen des Tanzes genau wiedergeben und den Reichtum der choreografischen Kreativität in schriftlicher Form verewigen.
 
Meine eigene Leidenschaft für den Tanz führte mich dazu, eine kleine Fibel zu verfassen, in der ich all mein pädagogisches und didaktisches Wissen über die Feuilletschrift teile. Diese Fibel ist in unserem Online-Shop erhältlich und bietet Tanzschülern und -lehrern eine praktische Anleitung zum Erlernen dieser einzigartigen Schrift.



Doch wie das Schicksal es manchmal so will, sollte die Welt des Tanzes erneut von einer technologischen Revolution erfasst werden. Im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts entstanden weitere Tanzschriften, darunter die namhaften Laban- und Benesh-Systeme. Diese Schriften trugen weiterhin zur Dokumentation des Tanzes bei, doch ihre Popularität und Verwendung wurden durch die Aufzeichnung von Tanzchoreografien mittels Videoaufnahmen letztlich überflüssig.
 
Die bewegten Bilder, die das Wesen des Tanzes mit unvergleichlicher Präzision einfangen konnten, verdrängten nach und nach die schriftliche Form als primäres Mittel zur Aufzeichnung von Choreografien. Die fließenden Bewegungen und Nuancen, die durch das Zusammenspiel von Körper und Raum entstanden, konnten in ihrer vollen Pracht aufgezeichnet und für die Nachwelt bewahrt werden.
 
Dennoch sollten wir niemals vergessen, dass die Tanzschriften vergangener Zeiten ein wichtiges Kapitel in der Geschichte des Tanzes darstellen. Sie waren ein Zeugnis des künstlerischen Strebens und der Bemühungen, die Magie des Tanzes auf immer festzuhalten. Obwohl die schriftliche Tanzdarstellung heute nicht mehr im Zentrum steht, werden die Meisterwerke vergangener Generationen weiterhin bewundert und studiert, als Inspiration für zukünftige Tänzer und Choreografen, die sich in den Reichen des Tanzes verlieren möchten.


Die Faszination der Barocktänze
Die Welt der Barocktänze offenbart ein faszinierendes Spektrum an Bewegungen und Ausdrucksformen, die den gesamten Körper einbeziehen. Es ist eine Tanzform, die sowohl anspruchsvoll als auch zugänglich ist und ohne umfangreiche Vorausbildung erlernt und ausgeführt werden kann.
 
Die Choreographien der Barocktänze zeichnen sich durch spielerische Eleganz und tanz-rhetorische Finesse aus. Durch raffinierte Schrittabfolgen werden nicht nur reine Bewegungen dargestellt, sondern auch tiefe Emotionen vermittelt. Sowohl der Ausdruck von Wut und Verzweiflung als auch die Darstellung eines angetrunkenen Tänzers finden in diesen Tänzen ihren Platz.
 
Ein besonders beeindruckendes Beispiel ist der "Turkish Dance", in dem Pascha Suliman seine neue Geliebte beeindrucken möchte. Ungeschickt und fehlerhaft versucht er, vor ihr zu exerzieren, während seine Korrekturen zu den anspruchsvollsten Sprüngen führen. Doch seine Geliebte parodiert ihn charmant in ihrer solistischen Antwort und gemeinsam beenden sie den Tanz kraftvoll und wild.
 
Ein weiteres Beispiel ist die "Passacaille" aus der Oper "Armide", in der Wut und Liebe in einem verzweifelten Ringen miteinander verschmelzen. Die Solotänzerin wird hin und her geworfen, während sie die intensiven Gefühle durch ihre Bewegungen zum Ausdruck bringt.
 
Dennoch erfordert die Auseinandersetzung mit Barocktänzen Mut und Ehrgeiz. Es ist eine Kunstform, die es erfordert, sich vollständig auf den Tanz einzulassen und sich von der komplexen Choreographie und dem Ausdruck mitreißen zu lassen. Nur mit einer starken Hingabe und einem Willen, sich den Herausforderungen zu stellen, kann man die wahre Schönheit und Energie dieser Tanzform erfassen.
 
In einer Zeit, in der Tanzstile und -techniken ständig weiterentwickelt werden, bewahrt der Barocktanz seinen einzigartigen Charme und seine künstlerische Bedeutung. Es ist eine Hommage an eine vergangene Ära, die uns den Reichtum und die Vielseitigkeit des menschlichen Körpers auf der Tanzfläche vor Augen führt. Indem wir uns auf die Welt der Barocktänze einlassen, können wir eine faszinierende Reise in vergangene Zeiten antreten und die kraftvolle Verbindung zwischen Musik, Bewegung und Emotion erleben.


Country Dances, Contredances oder Kontratänze
In den Weiten der Vergangenheit, unter den Schleiern des fernen Britannien, nahm eine Tanztradition ihren Anfang, die später als Englische Gesellschaftstänze bekannt wurde. Es wird behauptet, dass Königin Elisabeth I. sie erstmals an den königlichen Hof brachte, doch erst ab dem Jahr 1651 wurden sie in rein textlicher Form veröffentlicht, um der Nachwelt ihre Eleganz und Anmut zu überliefern.
 
Doch es war erst um das Jahr 1680 herum, als eine Delegation unter der Führung des Tanzmeisters Mr. Isaak den Hof Ludwigs XIV. erreichte und mit sich die Geheimnisse dieser Tanzkünste brachte. Die königliche Hofgesellschaft war dermaßen entzückt von ihrer Anmut und Grazie, dass sich diese Tänze rasch in ganz Europa verbreiteten. Ab dem Jahr 1706 wurden schließlich detaillierte Beschreibungen und Notationen dieser Tänze in Tanzschriften niedergelegt, um ihre Pracht und Komplexität für die Ewigkeit festzuhalten.
 
Man tanzte sie bei prachtvollen Bällen und in den prunkvollen Räumlichkeiten öffentlicher Ballhäuser. Doch auch in den intimen Zusammenkünften der noblen Gesellschaft und den heimischen Ballfesten fanden diese Tänze ihre Anwendung. Heute finden wir oft nur noch Sammlungen dieser Country Dances, doch ihre Wurzeln reichen oft bis zu den in Zeitungen veröffentlichten Tanzanleitungen zurück. Wie eine heutige wöchentliche Fitnessübung wurden diese Tänze in einer Art Vorläufer des heutigen Feuilletons abgedruckt, um die Gesellschaft mit Freude und Amüsement zu erfüllen.
 
Aus den Englichen Country Dances entwickelten sich im Laufe der Zeit die französischen Country Dances, welche ihrerseits den Weg bereiteten für die aufstrebenden Cotillons und Quadrillen. Doch mit dem stetig wachsenden Ruhm des Walzers gerieten diese einst so geliebten Tänze langsam aber sicher aus der Mode. Eine neue Ära des Tanzes brach an, und die einstigen Sternbilder der Gesellschaftstänze traten in den Hintergrund, während der Walzer die Herzen der Tänzer eroberte.
 
So vergeht die Zeit und mit ihr verändern sich die Vorlieben und Moden. Doch in den verborgenen Winkeln der Tanzgeschichte ruhen noch immer die Erinnerungen an jene Tage, als die Englischen Gesellschaftstänze die Herzen der Adligen eroberten und ihre Füße in einen wogenden Tanz der Eleganz verwandelten. Mögen sie in den Annalen der Vergangenheit ruhen und als ein lebendiges Zeugnis einer längst vergangenen Ära dienen, die einst die Tanzflächen Europas beherrschte.



P I E R R E   B E A U C H A M P S
Im prächtigen Hof des Sonnenkönigs, wo die Künste blühten und der Überfluss herrschte, trat ein junger Tänzer namens Pierre Beauchamps hervor, um das Schicksal des Balletts für immer zu verändern. Geboren im Jahr 1636 in Versailles, Frankreich, war Pierre dazu bestimmt, der großen Mazuel-Familie beizutreten, deren künstlerisches Talent die Höfe der französischen Monarchen über Generationen hinweg zierte. Seine Zukunft als virtuoser Balletttänzer schien in dieses Erbe verwoben zu sein.
 
Bereits in jungen Jahren war offensichtlich, dass Pierre eine einzigartige Gabe für den Tanz besaß. Schon im Alter von elf Jahren begeisterte er die Hofleute mit seinen ätherischen Bewegungen im Ballett du dérèglement des passions im Palais Cardinal. Jeder seiner Schritte trotzte der Schwerkraft, ein himmlisches Wesen, gehüllt in Anmut. Sein Talent war so außergewöhnlich, dass selbst König Louis XIV. darauf aufmerksam wurde und Pierre zu seinem persönlichen Ballettlehrer ernannte. Fast zwanzig Jahre lang tanzte Pierre an der Seite des jungen Monarchen und teilte mit ihm die königliche Bühne, während sich ihre Schicksale miteinander verflochten.
 
Im Herzen der prachtvollen Theaterproduktionen Molières fand Pierre eine weitere Bühne, um seine Kunst zu präsentieren. Sein Cousin, der Dramatiker, erfreute sich daran, dass Pierre in der Lage war, Charaktere mit solcher Tiefe und Lebendigkeit zu verkörpern. Gemeinsam hauchten sie den Comédie-Ballets Leben ein und fesselten das Publikum mit Geschichten von Liebe, Freude und Magie. Das Illustre Theater, später als Troupe de Monsieur bekannt, wurde zu einem Reich künstlerischen Glanzes, in dem Pierre tanzte, während die Stars des Hofes das Publikum verzauberten.
 
Gerade in diesen theatralischen Wunderwerken kreuzte sich Pierres Weg mit dem von Jean-Baptiste Lully, dem Meister der Musik und des Tanzes am Hofe. Der rätselhafte Lully erkannte Pierres Genie und ermöglichte es ihm, seine Talente als Choreograf auszuleben. Durch Maskeraden und zahlreiche andere Ballettproduktionen wurden Pierres Fähigkeiten gefeiert und verehrt. Im Laufe der Jahre vertiefte sich Pierres Hingabe an die Kunst des Balletts. Seine Augen beobachteten die Tauben auf den Straßen von Paris, inspiriert von ihren flatternden Flügeln und choreografiertem Chaos. Er entschlüsselte die Geheimnisse des Tanzes und definierte die fünf grundlegenden Positionen als Zeugnis seiner Leidenschaft, die Kunstform zu erheben. Mit jeder Bewegung, die er kodifizierte, erreichte das Ballett ungeahnte Höhen.
 
Im Jahr 1661 wurde die Académie Royale de Danse ins Leben gerufen, ein Beweis für König Louis XIV.'s Vision des Balletts als einer Disziplin, die Respekt verdient. Pierre, der königliche Choreograf, führte angehende Tänzer an, formte sie mit seiner Weisheit und Vision. Unter seiner Anleitung hörte der Tanz auf, ein Zeitvertreib zu sein, und blühte zu einer Kunstform auf, die die Massen bezauberte und faszinierte. In einer Zeit des großen Wandels und der künstlerischen Evolution hielt Pierres unermüdliche Hingabe stand. Das Ballett überwand die Beschränkungen des höfischen Lebens und öffnete sich der Öffentlichkeit, gewann Bewunderer aus allen Lebensbereichen. Frauen, einst vom Ballett ausgeschlossen, fanden ihren Platz auf der Bühne und verliehen der Kunst eine bisher ungekannte Dimension.
 
Im Jahr 1705 tanzte der große Pierre Beauchamps seine letzten Schritte auf dieser irdischen Bühne. Sein Vermächtnis, in den Annalen der Geschichte verewigt, hinterließ eine unauslöschliche Spur in der Bestimmung des Balletts. Seine Kodifizierung des Tanzes, von Generation zu Generation weitergegeben, verewigte seinen Namen unter den Leuchttürmen der Kunst. Obwohl er von dieser Welt schied, lebte sein Geist des Tanzes fort und fand in den Werken seiner Schüler und Anhänger neue Ausdrucksformen. Der Tanz von Pierre Beauchamps, dem visionären Choreografen, setzte seine Flüge und Drehungen durch die Zeitalter fort, indem er Herzen und Geister in der Suche nach Schönheit und Anmut ewig faszinierte. Solange das Ballett lebte, lebte auch die Essenz von Pierre, ein hell leuchtender Stern im Konstellation der künstlerischen Brillanz.






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