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D E R   B A R O C K T A N Z

von Peter Hoffmann


Unter Barocktanz versteht man im Allgemeinen
die Tänze zur Zeit Ludwig XIV.
Er gilt gemeinhin als der Tanzkönig,
der in Ballets-Rollen glänzte
und oft gleich mehrere Rollen
in einer Aufführung tanzte.
 
Seinem Tanzmeister Pierre Beauchamp
wird die erste Tanzschrift zugeschrieben,
die unter Feuillet veröffentlicht wurde
und in der mehr als 400 Choreographien
überliefert sind.



Aber um den „Barocktanz”, seinen Stil, seine Entwicklung
und die Rolle der Tanzes und der Tanzmeister
im Barock zu verstehen, muss man etwas weiter ausholen.


Stil und Herkunft
Im Gegensatz zum italienischen Tanzstil der Renaissance
mit verschiedenen, einzeln beschriebenen Schritten,
die sich in den Tanzbeschreibungen wiederfinden,
ist der französische Tanzstil eine wahre Bewegungsschulung.
 
Aus verschiedenen Mouvements (Bewegungen), bzw. Pas simple
setzen sich verschiedenen Pas composé zusammen,
die sich in verschiedene Gruppen aufteilen lassen.
Diese Bewegungsschule finden wir schon
in der „Orchesographie” von Arbeau von 1588.
 
Ich glaube, dass sich schon unter Ludwig XIII
der barocke Tanzstil entwickelte.
Die Musik der „Vingt-quatre Violons du Roy”
hat nach 1620 einen neuen, sehr barocken Stil.
Musik und Tanz waren damals viel enger verflochten
und Tanzmeister waren oft gleichzeitig bedeutende Musiker.
 
Der Tanzmeister Pierre Beauchamp entstammte einer Tanzmeister Dynastie,
so war zum Beispiel sein gleichnamiger Onkel ein Tanzmeister am Hof Ludwig XIII
und Mitglied erwähnter „Vingt-quatre Violons”.
Seine Position ging über seinen Vater Louis
an den uns bekannten Pierre Beauchamp über.
 
Einer der „Vingt-quatre Violons” und berühmter Tanzmeister,
Jacques Cordier, genannt Bocan, dem Tänze wie die Barock-Courante
und das Menuett zugeschrieben werden können,
war weit über die Grenzen Frankreichs hinaus bekannt und aktiv.
Er war der Tanzmeister von 5 Königinnen.
So wurde durch ihn der französische Stil auch in England
am Hof Charles I und in Deutschland bekannt.



Vielleicht lässt sich so erklären,
dass es die ersten Veröffentlichungen von Barocktänzen
(aber noch nicht in Tanzschrift) in Deutschland
von Johann Georg Pasch, 1659 und England Bray, 1699 gab.
Zumindest in England benennt man die Choreographien aber immer als französische Tänze.


Die verschiedenen Tanzformen im Barock
Die Tänze der Barockzeit lassen sich in zwei Haupt- mit einigen Untergruppen unterteilen.
So gibt es Tänze für den Hof bzw. Gesellschaftstänze
und Tänze für die Bühne.
 
Zu den Gesellschaftstänzen zählen die „Danses de Bal”,
die „Basse Danses” (niederen Tänze)
und die Country Dances (teils auch Englische genannt),
auch zählen regionale Tänze dazu.
Oft wird in der Auflistung höfischer Barocktänze
die „Branle” vergessen, die bei der Eröffnung von Bällen
vom Regenten- oder Gastgeberpaar angeführt wurden.
Erst im späten 18. Jahrhundert tritt die „Polonaise”
an deren Stelle.
 
Zu den Bühnentänzen gehören die „Ballets” und „Entrées”
sowie die grotesken Tänze.
 
Von den „Danses de Bal” und „Ballets” sind uns
viele in der Beauchamp zugeschrieben Feuillet-Tanzschrift überliefert,
die ab 1700 veröffentlicht werden.
Da die ersteren, die „Danses de Bal” wie die niederen Tänze,
„Bourée”, „Courante” und „Menuett”, von Mitgliedern des Hofes
getanzt und auch beherrscht werden sollen,
sind sie im Stil deutlich von den Ballets zu unterscheiden.
 
Die zugehörigen Armbewegungen werden nur von Herren ausgeführt
und sind heute allgemein als Menuett-Arme bekannt.
 
Die Ballets werden nur in entsprechenden Bühnenkostümen
„mit hohen Armen” ausgeführt.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass erst ab 1699 Damen
auf den Bühnen zugelassen waren,
alle weiblichen Rollen davor mit Männern (á la travestie) besetzt waren.
 
Wichtig für die Entwicklung der Bühnentänze ist,
dass nach 1670 Ludwig der XIV und wahrscheinlich auch
die anderen Adeligen nicht mehr Ballets tanzten.
Schon ein Jahr später war mit Bourgeois Gentilhomme
die französische Oper mit Entrées von professionellen Tänzern geboren.
So entwickelte sich das heutige Ballett.
 
Nach 1730 mit den immer größeren Opernhäusern
wurden die Entrées und Ballets mit ihrer diffizileren „fusseligen” Schritttechnik
ohne Fernwirkung von expressiveren Tanzformen verdrängt.
So gilt Noverre als der Begründer des Ausdruckstanzes.
Leider war er kein Fan davon, seine Choreographien festzuhalten.
Andere Tanzmeister wie Ferrer setzten auf
Formationen vieler Tänzer als Choreographien mit Publikumswirkung.
 
Bis auf ein paar Handschriften finden wir nach den großen Sammlungen
von 1704, 1709 und 1712 kaum noch Entrées oder Soli
in den Tanzveröffentlichungen.


Die barocke Tanzschrift
Gegen Ende des 17. Jahrhunderts gibt es gleich mehrere Ansätze
Tänze in Zeichenform festzuhalten.
Versionen wie die vom Tanzmeister Behr führen nur
zu einer ersten Zeichentabelle.
Andere wie die von Favier, Lorin und Rameau immerhin
zu einer Handschrift mit mehreren Choreografien.
Am Ende setzte sich aber die Feuilletschrift durch.
 
Zum Erlernen dieser Schrift habe ich
eine kleine Fibel veröffentlicht,
die in unserem Online-Shop erhältlich ist.



Im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts kamen dann
noch einige andere Tanzschriften dazu, von denen bis heute
die Laban und Benesh die üblichsten waren…
jedoch machten Videoaufnahmen das Festhalten
von Choreographien in schriftlicher Form überflüssig.


Die Faszination der Barocktänze
Die Barocktänze sind durch ihre Einbeziehung
des ganzen Körpers mit Fuss- und passenden Armbewegungen
eine anspruchsvolle Tanzform,
die aber auch noch ohne frühzeitige Ausbildung erlernt
und umgesetzt werden kann.
 
Die verschiedenen Choreographien sind spielerisch
und von tanz-rhetorischer Finesse.
Mit raffinierten Schrittabfolgen (ohne Ausdruckstanz)
werden Gefühle wie Wut und Verzweiflung
aber auch ein angetrunkener Tänzer auf die Bühne gebracht.
 
Mit einer der schönsten Beispiele ist der „Turkish Dance”,
in dem Pascha Suliman seine neue Geliebte beeindrucken will,
und linkisch und falsch vor Ihr versucht zu exerzieren
(Seine Fehlerkorrekturen führen zu den schwierigsten Sprüngen)
und sie ihn in Ihrer solistischen Antwort reizend persifliert…
beide dann gemeinsam kämpferisch wild den Tanz beenden.
 
Oder die „Passacaille” aus der „Armide”
in der Wut und Liebe verzweifelt in der Solotänzerin
miteinander ringen, sie hin und herwerfen.
 
Aber man muss den Mut und Ehrgeiz haben,
sich auf diese Tanzform einzulassen.


Country Dances, Contredances oder Kontratänze
Auch von den anderen Gesellschaftstänzen, den Englischen,
sind uns sehr viele überliefert.
Sie haben Ihren Ursprung in Britannien.
Angeblich wurden sie zuerst von Elisabeth I. an den Hof geholt,
jedoch erst ab 1651 in reiner Textbeschreibung veröffentlicht.
 
Durch eine Delegation um 1680 kommt der Tanzmeister Mr. Isaak
und mit ihm diese Tänze an den Hof Ludwig XIV.
und erfreuten sich solcher Beliebtheit,
dass sie sich schnell in ganz Europa verbreiteten.
Ab 1706 finden sich dann Veröffentlichungen
dieser Tänze in Tanzschrift.
 
Diese Tänze wurden bei Bällen und in öffentlichen Ballhäusern,
aber auch bei privaten Zusammenkünften und Hausbällen getanzt.
 
Meist finden wir heute nur noch die Sammlungen
dieser Country Dances, aber oft gehen Sie
auf in Zeitungen veröffentlichte Tänze zurück.
In einem Vorläufer des heutigen Feuilletons wurden
in Ausgaben mancher englischer Zeitungen
ein Country Dance oder ein Menuett abgedruckt…
wie heutzutage eine wöchentliche Fitness-Übung.
 
Aus den Englischen Country Dances entwickelten sich
die französischen Country Dances,
aus diesen die Cotillons und die Quadrillen.
Mit der zunehmenden Beliebtheit des Walzers
kamen diese Tänze aber aus der Mode.






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